Es passiert mir immer wieder: ich besuche zig Onlineshops, vergleiche Preise – aber am Ende bestelle ich doch bei Amazon. Und warum? Weil ich zu faul bin, meine Adresse neu einzugeben, meine Kreditkartennummer zu suchen oder vielleicht sogar noch ein neues Konto anzulegen. Besonders auf dem Smartphone fehlt mir dazu die Geduld.
Spätestens beim Anblick einer solchen meterlangen Prozessleiste frage ich mich:
was muss ich hier alles ausfüllen?
kann ich per PayPal zahlen?
ist die Lieferung an eine Packstation möglich?
muss ich mir ein kompliziertes Passwort merken?
…und schließlich: wie aufwändig wird es, den Checkout zu bewältigen?

Genau hier kann Amazon punkten, denn: unser Gehirn ist – als größter Energieverbraucher im Körper – eine Aufwandsvermeidungsmaschine. Wir versuchen in jeder Situation abzuschätzen, wieviel Zeit und Energie etwas kosten wird. Am Ende entscheiden wir uns dann fast immer für den einfacheren Weg.
Bei Amazon oder anderen „gewohnten“ Shops weiß ich genau, wie (einfach) der Checkout funktioniert. Als Erstkunde in einem für mich neuen Shop weiß ich das allerdings (noch) nicht. Aus purer Gewohnheit und Bequemlichkeit lande ich am Ende also doch immer beim selben Shop. Da hilft es auch nichts, wenn die Bestellung im unbekannten Shop in Wirklichkeit noch einfacher ist als beim Branchenprimus. Was also tun?
Einfachheit vermitteln – auch im Checkout
Ein wichtiger Schritt ist die Erzeugung von „gefühlter“ Simplizität – ganz besonders im Ersteindruck des Checkouts. Entscheidend ist nämlich nicht, wie viel Aufwand etwas wirklich macht, sondern wie einfach es im ersten Moment aussieht.
Da erscheint es eigentlich naheliegend, unnötig komplexe Checkout-Prozesse zu vereinfachen und auf einen Schritt zu reduzieren. So sieht der Besucher sofort, was ihn erwartet – der Aufwand wird „abschätzbar“. Gleichzeitig ist es aber irgendwo auch widersprüchlich, Komplexität zu reduzieren und gleichzeitig alles auf eine Seite zu quetschen.
Ganz so einfach ist es also doch nicht.
In den Jahren 2010-2012 (da war das Thema heiß diskutiert) wurden einige A/B-Tests veröffentlicht, die der Frage One page vs. Multi-Step nachgegangen sind. Oft mit guten Ergebnissen für den einschrittigen Checkout.
So zum Beispiel der Test im Official Vancouver 2010 Olympic Store mit 22% Uplift.

22% mehr Bestellungen durch die Reduzierung auf einen Schritt.
Auch Jan Petrovic von proimpact7.com hat die Conversion Rate mit einem Single Page Checkout um 13% steigern können (3.300 Transaktionen, 100% Konfidenzlevel).
Natürlich wäre es falsch, solchen Case Studies blind zu vertrauen und die Konzepte einfach zu kopieren. Es gibt kein Patentrezept für den perfekten Checkout – so kann auch der mehrschrittige Prozess bessere Ergebnisse liefern.
Dennoch ist es verwunderlich, dass nur 2% der Top 100 deutschen Onlineshops den Checkout in einem Schritt anbieten. Es wird wohl kaum jeder Anbieter getestet haben.

Nur 2 der deutschen Top 100 Onlineshops setzen auf den One Page Checkout
Die Ursache liegt wohl eher im gegenseitigen Benchmarking. Man denkt sich: Wenn das alle erfolgreichen Wettbewerber so machen, wird das schon gut sein…
aber:
Wer sich ständig vergleicht wird vor allem eines: gleicher.
– Markus Baumanns
One Page Checkout – auf die Umsetzung kommt es an
Ob Single Page Checkout oder nicht, sollte individuell per A/B-Testing überprüft werden.
Das wie ist dabei allerdings entscheidender als das ob. Denn ein schlechtes One Page Testkonzept wird den alten Prozess kaum schlagen können. Und dann wird das Thema wohl für immer unter den Teppich gekehrt.
Das haben wir schonmal getestet, hat nicht funktioniert…
Im Folgenden möchte ich deshalb 3 einfache Tipps vorstellen, um die Erfolgswahrscheinlichkeit zu steigern.
Tipp 1: Visuelle Einfachheit erzeugen
Dabei besteht die Herausforderung darin, alle benötigten Abfragen und Informationen auf eine einzige Seite zu „packen“ – und gleichzeitig das Gefühl zu vermitteln, dass der Prozess im Handumdrehen erledigt ist.

Das Beispiel rechts zeigt, wie es nicht geht. Es sollte auf einen Blick intuitiv erkennbar sein, was in welcher Reihenfolge auszufüllen ist. Eine klare visuelle Hierarchie, deutliche Abgrenzungen der Bereiche oder eine fortlaufende Nummerierung können dabei helfen. Im Idealfall ist der finale „Jetzt kaufen“ Button auch schon zu sehen.
Die Anbieter in den folgenden Beispielen machen das deutlich besser:
Daniel Wellington

Die Leichtigkeit im Design führt zum Eindruck, dass die Bestellung schnell erledigt ist.

Auch hier ist auf einen Blick sichtbar, wie wenig zu tun ist.

Die finale CTA ist als Nutzerziel schon beim Seitenaufruf sichtbar.

Auch auf dem Smartphone ist die Bestellung ohne Seitenwechsel schnell abgeschlossen.
Tipp 2: Login und Registrierung auslagern
Es ist in fast jedem Shop das gleiche: bevor ich überhaupt in den Checkout komme, muss ich erstmal entscheiden ob ich mich einlogge, ein neues Konto erstelle oder vielleicht doch als Gast bestelle. Was geht schneller? Welches Passwort hatte ich hier nochmal? Welche Nachteile gibt es, wenn ich als Gast bestelle?
Besonders für Onlineshops mit kleinem Sortiment und vielen Einmalkäufern kann es sinnvoll sein, auf diesen Schritt zu verzichten. Denn wenn ich sofort im Checkout lande, wirkt das ganze deutlich schneller und einfacher.
Die Emotionen spielen im Website-Design somit eine sehr große Rolle. Deshalb ist es wichtig, dass du dich mit dieser Thematik auseinandersetzt. Wenn du noch mehr Wissen über Website-Design erlangen möchtest, ist das Growth Ambassador Programm ideal für dich. Neben interessanten Meetups mit der Community – in denen sich Fach- und Führungskräfte über ihre Erfahrungen austauschen – gibt es spezielle Videos über Neuro-Webdesign, die dir dabei helfen, deine Kund:innen emotional zu aktivieren.
Cafepress

Zu Beginn des One Page Checkouts besteht die Möglichkeit zum Login.
Vancouver Olympic Store

Die Registrierung ist auf der Dankeseite möglich. So wird der Checkout deutlich schlanker.
Tipp 3: Inline-Validierung einsetzen
Ein gutes Fehlerhandling ist grundsätzlich sinnvoll, auch in Multi Step Checkouts. Im einschrittigen Prozess ist dies allerdings noch wichtiger – denn wer will schon den Fehler ganz oben auf der Seite suchen, nachdem er am Ende des Formulars auf „Jetzt kaufen“ geklickt hat. Besonders bei langen Seiten kann die Fehlersuche sehr frustrierend sein.
Eine gute Inline-Validierung zeigt dem Nutzer direkt bei der Eingabe, ob er was falsch gemacht hat und wie er dies lösen kann. Gleichzeitig kann eine Block- oder Zeilenweise Bestätigung durch grüne Haken oder grüne Hinterlegungen die Eingabe unterstützen.
Hitmeister

Fehler werden sofort erkannt und klar beschrieben.

Gutes Fehlerhandling auch bei Bellroy.

Grüne Häkchen bestätigen: alles richtig = weiter.
Fazit
Gute Single Page Checkouts sind selten, aber es gibt sie. Fraglich bleibt, warum sie so selten eingesetzt werden. Wahrscheinlich hat sich der Multi-Step-Checkout einfach als Standard etabliert. Vielleicht ist es auch technisch komplexer, alles auf eine Seite zu reduzieren. Aus Nutzersicht ist aber besonders ärgerlich, dass das Multi Step Konzept 1:1 für Mobile übernommen wurde.
Anstatt mal das große ganze in Frage zu stellen, werden lieber Kleinigkeiten wie die Prozessleiste oder Labels bis ins kleinste Detail optimiert. Am Ende dann meistens ohne signifikanten Erfolg – weil es überhaupt keinen Einfluss auf die Kundenentscheidung hat.
Die Emotionen spielen im Website-Design eine sehr große Rolle. Deshalb ist es wichtig, dass du dich mit dieser Thematik auseinandersetzt. Wenn du noch mehr Wissen über Website-Design erlangen möchtest, ist das Growth Ambassador Programm ideal für dich. Neben interessanten Meetups mit der Community – in denen sich Fach- und Führungskräfte über ihre Erfahrungen austauschen – gibt es spezielle Videos über Neuro-Webdesign, die dir dabei helfen, deine Kund:innen emotional zu aktivieren.
Hier nochmal alle Tipps in der Übersicht:
1. Visuelle Einfachheit erzeugen
klare Hierarchie
getrennte Bereiche
fortlaufende Nummerierung
2. Login und Registrierung auslagern
Loginseite entfernen
Möglichkeit zum Login auf der Checkout-Seite anbieten
Registrierung auf Dankeseite auslagern
3. Inline-Validierung einsetzen
Fehlerhandling während der Eingabe direkt am Feld
Bestätigung durch positives Feedback
Abschließend:
Auch wenn ein paar Case Studies gute Ergebnisse zeigen, und manch eines der Beispiele „ganz nett“ aussieht, ist das noch lange kein Garant dafür, dass der Single Page Checkout in jedem Shop funktioniert. Die Erfolge anderer sind eben die Erfolge anderer.
Daher sollten solche wichtigen Entscheidungen nicht nach Bauchgefühl, sondern basierend auf echten Zahlen getroffen werden (Data-Driven Decision Making). Am besten also immer selbst testen.
Wie ist Eure Meinung zum Thema? Habt Ihr vielleicht schonmal in die Richtung getestet?
Über Kommentare freue ich mich.
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